Reiseüberblick:
- Tag 14: Ishasha River Camp – Kihihi, Distanz: 20km, Subamotel
- Tag 15: Kihihi – Butogota, Distanz: 26km, Bwindi Forest Safari Resort Cottages
- Tag 16: Butogota – Rhuija, Distanz: 38km, Community Rest Camp
- Tag 17: Rhuija – Rushaga Gorilla Camp, Distanz: 47km plus ca. 30km mit dem Polizeiauto
- Tag 18: Rushaga Gorilla Camp – Nkuringo, Distanz: 15km, Bwindi Backpackers Lodge
- Tag 19: Gorilla Trekking im Bwindi Impenetrable Nationalpark
- Tag 20: Nkuringo – Kisoro, Distanz: 30km, Miami Hotel
- Tag 21: Kisoro – Musanze(Ruhengiri), Distanz: 36km, Fatima Hostel
- Tag 22: Musanze – Base, Distanz: 46km, Nyirangarama Raststätte
- Tag 23: Base – Kigali, Distanz: 52km, One Love Guesthouse
- Tag 24-30: Kigali, Discover Rwanda Youth Hostel
Von Ishasha zu den Gorillas in den Bwindi Impenetrable Nationalpark
Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhren wir vom Ishasha River Camp auf einer Abkürzung durch typische afrikanische Dörfer in die kleine Stadt Kihihi. Dort fanden wir ein Hotel mit Innenhof, wo wir unsere Räder abstellen konnten und endlich mal wieder Wäsche waschen konnten.
Nach dem Abendessen im Hotel war ich dann allerdings heilfroh, dass wir in der Nacht ausnahmsweise mal eine funktionierende Klospülung hatten. Ich hatte furchtbaren Durchfall und verbrachte die ganze Nacht auf dem Klo. Medikamente halfen nichts und als es mir am Morgen dann etwas besser ging, beschlossen wir wenigstens ein kleines Stück nach Butogota weiterzufahren. Ich fühlte mich sehr schwach, hatte überhaupt keine Kraft, aber gegen Mittag erreichten wir die Stadt und fanden schnell eine nette Lodge, das Forest Safari Resort, wo ich erstmal geschlafen habe. Abends konnte ich immer noch nichts essen, aber mit ein paar homöopathischen Mitteln wurde es langsam besser.
Da ich am nächsten Morgen wieder einigermaßen fit war, beschlossen wir die höhenmetermäßig heftigste Etappe unserer Tour in Angriff zu nehmen. Durch kleine Dörfer ging es in den Regenwald, es wurde steiler, matschiger und fing dann auch noch an zu regen. Nach kurzer Zeit klebte der rote Schlamm überall, in den Bremsen, zwischen dem Schutzblech und den Reifen, so, dass wir nicht mehr fahren konnten und immer wieder schieben mussten. Ich weiß nicht, wie viele Safaricars mit Touristen auf dem Weg zum Nationalpark an uns vorbeigerauscht sind… statt anzuhalten und mal nachzufragen, ob wir Hilfe bräuchten, haben sie uns alle nur fotografiert.
Nach endlos viele Kurven und Bergen haben wir dann nach 8h und knapp 40km Ruhija auf 2340m erreicht. Mitten im Dschungel und Ausgangspunkt vieler Gorillatrekkings sind wir im Communitiy Rest Camp untergekommen. Dort haben dann erstmal zwei Einheimische für 5 Dollar unsere Räder blitz und blank geschrubbt. Auch wenn die Nacht die kälteste bisher war, war die Stimmung im Regenwald mit all den Tiergeräuschen gigantisch.
Am Morgen ging es dann weiter…natürlich bergauf. Wir kamen in den Nationalpark und da die Straße eine Durchgangstraße war, wahrscheinlich die Einzige, die es gab, mussten wir auch keine Gebühren zahlen. Der Weg war traumhaft, steil, aber quer durch den nebelverhangenen Dschungel mit böse dreinblickenden Mantelaffen am Wegrand. Wir kamen durch kleine Dörfer, wo uns ein etwa 5-Jähriger Junge unbedingt einen selbst geschnitzten Gorilla verkaufen wollte. Wir lehnten wegen dem zusätzlichen Gewicht ab, aber er ließ nicht locker und rannte uns querfeldein mehrere Kilometer hinterher. Als er dann fix und fertig mit seinem zerfetzten T-Shirt vor uns stand, konnten wir nicht anders und kauften ihm den Gorilla ab. Er hatte es sich ja verdient und wir haben ihm noch einen Schokoriegel geschenkt.
Langsam ging es wieder aus dem Regenwald raus und im nächsten Dorf haben wir uns am Wegrand von einer Einheimischen, netten Frau bekochen lassen. Wir kamen wieder auf eine Teerstraße und es fing an zu regnen, teilweise so heftig, dass wir uns in den Dörfern immer wieder untergestellt haben. In der Stadt, wo wir laut Plan übernachten wollten, gab es leider keine Unterkunft und so fuhren wir weiter, es wurde immer später und laut Karte war kein größeres Dorf in Sicht.
So haben wir mal wieder nachgefragt, ob uns jemand mitnehmen könnte. Die Autos waren alle leider viel zu klein, aber irgendwie hatte es sich schnell herumgesprochen, dass zwei Radfahrer eine Mitfahrgelegenheit suchten und plötzlich stand ein Typ mit einem Polizeiauto vor uns. Und zwar so eines, wo rechts und links eine Bank auf der Ladefläche war, um die Polizisten zu transportieren. Es gab kurze Kostenverhandlungen und 10min. später saßen jeder von uns auf einer Seite der Bank und hatte sein Rad vornedran festgeschnallt. Zum Glück überdacht, den der Regen wurde heftiger und die Straße matschiger. Nach ungefähr 30km durch Plantagen und Dschungel haben sie uns dann bei einer Lodge, der Rushaga Gorilla Lodge, abgesetzt. Leider die einzige weit und breit, natürlich so überhaupt nicht unsere Preiskategorie, aber zum Glück konnte man mit Visa zahlen, da wir auch kein Bargeld mehr hatten. Mit 50 Dollar für das Polizeiauto und 100 Dollar für die Übernachtung war das wohl die teuerste Nacht der Reise, für uns kaum vorstellbar, dass viele Touristen ihre ganze Reise so verbringen. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn alle immer denken, Safari und Afrika wäre ja so teuer…
Das Zimmer war natürlich mega und der Ausblick auf den Dschungel auch und nach einem Luxusfrühstück fuhren wir am nächsten Tag eine kurze, wellige Etappe ganz entspannt zu unserem ersten großen Ziel der Reise, der Bwindi Backpacker Lodge, in Nkuringo, wo wir unser lang ersehntes Gorillatrekking für den nächsten Tag gebucht hatten.
Die Permits für das Trekking in Uganda lagen 2017 bei 600 Dollar pro Person, hatten kurz danach aber schon einen unheimlichen Preissprung gemacht, vor allem in Ruanda. Ich hatte noch ein günstiges Ticket bekommen und viele Touristen gingen zu der Zeit nach Uganda. Der Kongo wäre eine günstigere Alternative gewesen, doch wegen der Sicherheitslage wollte dort niemand hin.
Das Geld dieser Trekkings kommt ausschließlich dem Schutz der Gorillas zugute und den Menschen, die wegen der Gorillas teilweise umgesiedelt wurden. Auch wenn es sich nur wenige leisten können, ist der Preis meiner Meinung nach gerechtfertigt. Die Arbeit, vor allem die Aufklärungsarbeit bei der Bevölkerung, die die Ranger leisten, ist gigantisch. Sie haben die Menschen dazu gebracht, Gorillas nicht mehr zu jagen, sondern auf die wenigen Exemplare, die noch existieren, stolz zu sein. Durch die Coronapandemie ist das ganze System leider zusammengebrochen und viele Tiere sind der wieder aufkeimenden Wilderei zum Opfer gefallen. Ich hoffe nur, dass sich der Tourismus erholt und wieder viele Menschen dieses einmalige Erlebnis wahrnehmen und damit für den Schutz der Tiere beitragen.
Wir wurden am Morgen erstmal zum Headquarter der Ranger gefahren, wo wir eine ausführliche Einweisung über die Verhaltensweise bei den Gorillas bekamen. Es gab dort zwei Gorilla-Gruppen und so wurden wir aufgeteilt. Generell dürfen immer 8 gesunde Personen für jeweils eine Stunde am Tag eine Gruppe besuchen. Es gibt immer zwei Tracker, die Spuren lesen und versuchen, die Gruppe zu finden. Das kann auch schonmal mehrere Stunden dauern und so sind unsere beiden Spurenleser schon voraus gegangen. Mit zwei bewaffneten Rangern, einem Guide und einem Typ mit Machete, der uns den Weg freischlug, sind wir querfeldein in den Dschungel gezogen. Immer in Kontakt mit den Trackern führten sie uns über unwägbares Gelände hoch und runter über matschigen und rutschigen Boden. Im Vorfeld hatten wir schon erfahren, dass diese Gruppe nicht so leicht zu finden war, schließlich hieß der Nationalpark ja nicht umsonst impenetrable (undurchdringlich).
Nach 2 Stunden erhielten wir die Nachricht, dass die Gruppe gefunden wurde und hielten gespannt Ausschau nach den Menschenaffen. Für uns sehr überraschend fanden wir den ersten Gorilla mit seinen bis zu 150kg nicht am Boden, sondern im Baum. Nach und nach kamen immer mehr und wir erblickten den Silverback (Silberrücken), den Chef der Gruppe, der uns auch gleich in Augenschein nahm. Der Anblick dieser gigantischen Menschenaffen war ein Gänsehautaugenblick, den ich sicher nie mehr vergessen werde. Mimik, Gestik und das ganze Verhalten ist uns Menschen so ähnlich, dass man manchmal vergaß, dass es trotzdem wilde Tiere sind. Es kamen noch sechs weitere dazu und dann entdeckten wir eine Mutter mit einem süßen Baby. Damit war die Gruppe wohl komplett. Nachdem die Gorillas einige Zeit gefressen hatten, setzten sie sich in Bewegung. Ihnen zu folgen war im dichten Urwald gar nicht so leicht und so rasten wir quer durch den Dschungel immer mit Blick auf die Gorillas. Die Stunde verging wie im Flug und wir mussten sie ziehen lassen.
Der Rückweg war wieder lange und anstrengend, da wir mittlerweile ziemlich weit weg vom Headquarter waren. Viele Touristen vergessen immer wieder, dass es ein körperlich sehr anstrengendes Trekking sein kann und dass die Gorillas nicht mal eben vorbeikommen um sich begaffen zu lassen. Auch ein Teilnehmer unserer Gruppe hatte am Ende Probleme und so kamen wir erst am späten Nachmittag zurück. Für uns hat es sich diese wahnsinnig beeindruckende Begegnung in jedem Fall gelohnt und ich würde das Geld jederzeit wieder dafür ausgeben.
Vom Bwindi Impenetrable NP nach Ruanda
Nach den zwei erlebnisreichen Tagen im Bwindi Backpackers ging es für uns am nächsten Morgen wieder weiter nach Kisoro, einer kleinen Stadt im Grenzgebiet zu Ruanda, wo wir in einem etwas schmuddeligen Hotel, dem Miami Hotel, übernachteten.
Gespannt fuhren wir am Morgen weiter zur Grenze, es war unser erster Grenzübertritt mit dem Rad. Am Grenzübergang bei Cyanika war alles sehr entspannt, ein schneller Stempel im Pass, wir wechselten demonstrativ die Flagge an meinem Rad (Seb hatte die deutsche und ich zuvor die ugandische) und schon waren wir in Ruanda. Komisch war nur, dass hier plötzlich wieder Rechtsverkehr herrschte und wir unsere Uhren eine Stunde zurückstellen mussten. So verließen wir Uganda um 12 und fuhren in Ruanda um 11 Uhr weiter…
Die Straße führte zur Abwechslung mal bergab nach Musanze (Ruhengeri), wo wir im katholischen Fatima Hostel unsere Zelte im Garten aufschlagen durften. Die nächsten Tage waren für uns noch unklar, da wir den ursprünglichen Plan mit dem Congo-Nil-Trail wegen Zeitmangel über den Haufen geworfen hatten und jetzt auf direktem Weg nach Kigali fahren wollten. Uns war es einfach zu riskant, erst einen Tag vor Abflug in Kigali anzukommen und außerdem waren wir körperlich ziemlich erschöpft. Wohl wegen den Nebenwirkungen des Malaria-Medikamentes Malarone, was wir einfach unterschätzt hatten.
Leider war nicht herauszufinden, ob es an der großen Straße, die wir nehmen wollten, Übernachtungsmöglichkeiten gab. Und so radelten wir am nächsten Morgen weiter und lernten endlich die tausend Hügel von Ruanda kennen. Wir durften auf einer nagelneuen Teerstraße fahren, natürlich erstmal nur bergauf. Es war viel Verkehr, wir kamen immer wieder durch kleine Dörfer und der Ausblick auf die grünen Wälder und Plantagen war von oben genial. An einer Art Raststätte mitten im Nichts fanden wir schließlich unsere Übernachtungsmöglichkeit. Ein Hotel, ein Restaurant und ein Cafe, sonst gab es nichts, dazu feiernde Reisende und viel Durchgangsverkehr. Wir waren froh, etwas gefunden zu haben und die Nacht war ok.
Am nächsten Tag wollten wir in Kigali ankommen und so starteten wir früh am Morgen. Plötzlich kam uns eine große Gruppe afrikanischer Rennradfahrer entgegen, irgendwie unwirklich, da es doch gar nicht so viele Straßen gab, die man mit dem Rennrad befahren konnte. Dafür waren sie sicherlich topfit bei der Bergwertung…Irgendwann, als wir wieder an einem der tausend Hügel hingen, holten sie uns von hinten wieder ein und freuten sich so, dass wir auch mit dem Rad unterwegs waren, dass sie mit uns fuhren und wir ins Gespräch kamen. Es stellte sich heraus, dass es das ruandische U20 Nationalteam war, alle mit einem Sponsor und top ausgestattet. Radfahren zählt in Ruanda wohl zu den beliebtesten Sportarten und jeder Junge träumt davon, einmal bei der Tour de France mitzufahren. Sie begleiteten uns eine Weile und als wir ihnen dann doch etwas zu langsam waren, sprinteten sie davon.
Am nächsten Berg hing uns dann schon der nächste Rennradfahrer am Sattel, Joseph, leider ohne Sponsor und ohne Team, deswegen auch mit einer miserablen Ausrüstung. Auch er wollte es unbedingt schaffen, Profi zu werden und trainierte sehr hart. Er fuhr mit uns, bis wir von einem hohen Berg endlich die Hauptstadt Kigali sehen konnten. Wir tauschten Nummern aus und beschlossen, ihm nach unserer Tour alles von unserer Ausrüstung zu schenken, was wir entbehren konnten.
Bergab und erleichtert ging es unserem Ziel entgegen, der Hauptstadt Kigali. Es war viel Verkehr, laut und dreckig, und wenn wunderts, auch die Hauptstadt war ein Berg. So mussten wir noch zig Mal bergauf und bergab fahren, bis wir erschöpft, aber stolz unser Backpacker erreichten. Das One Love Guesthouse war trotz der positiven Beschreibung unseres Reiseführers verdreckt und heruntergekommen. Wir hatten unsere eigene Hütte mit Bad und Küche und auch wenn wir einiges gewohnt waren, wollten wir hier definitiv nicht die nächsten 6 Nächte verbringen. Aber erstmal war uns das egal…völlig erschlagen von den Anstrengungen der letzten Wochen fielen wir ins Bett.
Am nächsten Tag zogen wir ins Discover Ruanda Youth Hostel um. Die restlichen Tage verbrachten wir in Kigali, schliefen viel und erkundeten die Stadt. Eigentlich ist es eher eine kleine Stadt, die nicht wirklich wie eine Hauptstadt wirkt. Wir trafen uns nochmal mit Joseph, der sich riesig über unsere Radausrüstung freute und trafen zwei Fahrer des National Teams, die uns ihr Teamtrikot gaben. Sie wurden von Skol, einer Biermarke gesponsert.
Wir besuchten das Kigali Genocide Memorial und das Museum dazu, was uns sehr bewegte. Ich hatte mich im Vorfeld schon viel mit der Geschichte auseinandergesetzt und fand es sehr beeindruckend, wie die beiden Volksgruppen wohl eine Möglichkeit gefunden hatten, wieder friedlich miteinander zu leben…
Am vorletzten Tag erhielten wir durch zufällige Bekanntschaften zwei Radkartons für den Rückflug und nachts fraß dann eine Ratte in unserem Zimmer noch ein riesiges Loch in meine Radtasche, quasi als Erinnerung an unsere Tour.
Die vier Wochen vergingen wahnsinnig schnell, waren voll intensiver und berührender Momente, aber es gab auch einige Grenzerfahrungen und alles musste erstmal verarbeitet werden. Wir waren stolz, die Tour trotz aller Bedenken durchgezogen zu haben und hatten zwei wunderschöne, tierreiche und abwechslungsreiche Länder mit unheimlich netten und hilfsbereiten Menschen kennengelernt. Wir werden sicher zurückkommen…